AVR Ethersex

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Allgemeines zu Ethersex

Auszug aus dem Ethersex-Wiki (http://www.ethersex.de): Ethersex ist eine universelle Plattform um Mikrocontroller per IP-Protokoll anzusprechen und stellt eine solide Basis für eigene Entwicklungen dar. Ethersex wurde im August 2007 von stesie als alternative Firmware für fd0s Etherrape ins Leben gerufen. Namensgebend war seinerzeit die Erweiterung um IPv6-Unterstützung. Seither hat sich jedoch viel getan, sodass inzwischen nicht mehr nur die Etherrape-Hardware als Plattform unterstützt wird, sondern auch diverse andere Atmega Hardware Projekte. Der Code ist inzwischen weitgehend stabil und wird auch im professionellen Umfeld eingesetzt.

Hier nur einige Features, die mit Ethersex genutzt werden können (vollständige Featureliste siehe Ethersex-Wiki): - Bootloader um via Netzwerk neue Software aufzuspielen - Webinterface - Telnet Interface - Ansteuerung von Funksteckdosen - Ein- Ausgangsporterweiterungen via 74HC165 bzw. 74HC595 CMOS-Schieberegister - SD-Kartenansteuerung als Datenlogger - Auslesen von One-Wire Temperatursensoren (DS1820) - usw.

Lauffähig ist Ethersex auf folgenden AVR/Ethernetboards:


Pollin AVR Net-IO

Pollin bietet ein recht funktionelles und preiswertes AVR- Board incl. Ethernetschnittstelle sowohl als Bausatz (ca 20€) als auch als Fertiggerät (ca 28€) an.

Die meisten Ein-Ausgangspins sind über einen 25 poligen SUB-D Stecker und einen Wannenstecker (EXT) herausgeführt. Desweiteren ist eine RJ45-Netzwerkbuchse und eine 9 polige SUB-D Buchse (Serielle Schnittstelle) vorhanden. Zu guter Letzt ist noch ein 10 poliger Wannenstecker (ISP) vorhanden, um den Mikrocontroller zu programmieren.

Aufgrund dieser Ausstattung eignet sich das AVR Net-IO ideal, sowohl um in die Ethersex Programmierung einzusteigen (Experimentierplattform) als auch um damit eigene Projekte zu realisieren.

Einziger kleiner Makel des Boards: Es ist "nur" mit einem ATMega32 Controller ausgestattet, der nur 32Kb Flash bietet. Damit ist das Flash bereits beinahe vollständig mit einer Ethersex-Basis-Version ausgelastet. Dieser Controller kann gegen den pinkompatiblen ATMega644 ersetzt werden. Damit können dann zahrlreiche weitere Ethersex Module - wie z.B. Ansteuereung von Funksteckdosen, genutzt werden.

Bedienungsanleitung incl. Schaltplan AVR Net-IO: http://www.pollin.de/shop/downloads/D810073B.PDF


Beschreibung Beispielprojekt

Im folgenden wird die Konfiguration für eine per Netzwerk und Webbrowser ansteuerbare Steckdosenleiste beschrieben, die auch Funksteckdosen schalten kann. Mit dem standardmäßig verbauten ATMega32 können nur Basisfunktionen von Ethersex genutzt werden, da dieser nur 32KB Flashspeicher bietet. Für umfangreichere Projekte ist ein ATMega644 empfehlensert und für folgende Konfiguration Voraussetzung.

Zum Einsatz kommen:

  • 4 Leistungsrelais, die 230V Steckdosen schalten können
  • 2 Reed Relais zum Schalten kleiner Spannungen bzw. potentialfreies Schalten
  • 4 Taster zum schalten der 4 Steckdosen an der Frontplatte der Steckdosenleiste
  • 1 RFM12-Funkmodul zum Schalten von Funksteckdosen

Im Beispiel wird folgendes Setup verwendet:

PC4: Steckdose_1
PC5: Steckdose_2
PC6: Steckdose_3
PC7: Steckdose_4
PC2: Reed_1
PC3: Reed_2
PB0: Taster_1
PD7: Taster_2
PD6: Taster_3
PD4: Taster_4
SPI-Schnittstelle (MOSI/MISO/SCK): Netzwerkchip des Net-IO und RFM12-Modul
PD5: Chipselect RFM12 (nSel)
PD3 (Ext. Interrupt INT1): Interrupt RFM12 (nIRQ)
PD2 (Ext. Interrupt INT0): ASK Sense Interrupt RFM12 ()
Bulbgraph.png Hinweis:
Für RFM12 Interrupt und ASK Sense Interrupt müssen externe Interrupt Pins (INT0/INT1/INT2) verwendet werden. Die Steckdosen und Taster können relativ frei über die I/O Ports verteilt werden.


Ethersex Software

Voraussetzungen

Ethersex kann ohne größeren Aufwand nur mit Linux compiliert werden. Es gibt eine Möglichkeit mit cygwin und WinAVR Ethersex unter Windows zu compilieren, die hier aber nicht näher besprochen werden soll. Für Windows-User gibt es aber eine spezielle Linux Live-CD (http://ethersex.de/index.php/Live_CD), die sämtliche Software und Compiler bereits enthält, ohne ein Linux installieren zu müssen.

Voraussetzungen:


Ethersex Download

Terminalfenster öffnen und ins persönliche Dokumenteverzeichnis wechseln:

cd Dokumente

Download mittels git Versionsverwaltungstool (dabei wird ein Unterverzeichnis ethersex angelegt):

git clone git://github.com/ethersex/ethersex.git


Ethersex konfigurieren

Ins Ethersex-Verzeichnis wechseln:

cd ~/Dokumente/ethersex

Konfigurationstool starten (Die jeweilige Konfiguration wird gespeichert, sodass auch sequentiell Optionen ausprobiert werden können, und beim nächsten Aufruf nicht erneut alle Optionen einzustellen sind):

make menuconfig

Folgendes graphisches Konfigurationsprogramm wird angezeigt:

Ethersex1.png
  • Standardkonfiguration auswählen:
    • Load a Default Configuration
    • Im folgenden Menü mit der Space-Taste den Eintrag Pollin AVR Net-IO auswählen
  • Analog dazu folgende Optionen aktivieren:
|-General Setup
|   |-Target MCU:ATmega644
|   |-Enable Debugging
|   |-control6 scripts
|-Network
|   |-Hostname: beliebig - z.B. Steckdose
|   |-Ethernet (ENC28J60) support
|   |   |-MAC address: Die selbe wie auf dem AVR NET-IO abgedruckt ist
|   |   |-Etherrape IP address: Gewünschte IP-Adresse: IP_NETIO'
|   |-Default gateway: IP-Adresse des Routers (nötig für Zeitsynchronisierung mit Zeitserver im Internet)
|   |-TCP Support
|   |-UDP Support
|   |-ICMP Support
|   |-DNS-Support (bei Bedarf)
|   |   |-DNS Server IP address: IP-Adresse des Routers (nötig für Zeitsynchronisierung mit Zeitserver im Internet)
|- I/O
|   |-I/O abstraction model (Port I/O): Full Featured
|   |-Named and logic state I/O
|   |-RFM12 ASK
|   |   |-RFM12 ASK send
|   |   |   |-Verwendete Funksteckdosensystem(e) auswählen (z.B. Tevion)
|   |   |-RFM12 ASK external filter: Nötig für RFM12 ASK sensing
|   |   |-RFM12 ASK sensing:         Bei Bedarf; ermöglicht den Code von Funkfernbedienungen anzuzeigen 
|   |   |-Debugging ASK sensing:     Falls ASK sensing aktiviert wurde, sollte diese Option aktiviert werden
|-Applications
|   |-System Clock Support
|   |   |-Synchronize using NTP protocol
|   |   |-Adjust Clock to NTP Clock Signal
|   |   |   |-Ntp-Server: IP-Adresse des NTP-Servers (z.B. lokal im Netzwerk, falls NTP-Server installiert). 
|   |   |   |             Default, falls DNS aktiviert: pool.ntp.org / falls DNS nicht aktiviert: 213.133.123.125)

Nachdem alle Optionen ausgewählt wurden, kann folgendermaßen bestimmt werden, welche Webseiten im Webserver verfügbar sind:

|-General Setup
|   |-VFS (Virtual File System) support
|   |   |-VFS File Inlining
|   |   |   |-Inline configuration Page
|   |   |   |-Inline RFM12
|   |   |   |-Inline IO (Bei Bedarf. Bietet Zugriff auf sämtliche Controller IO-Ports)
|   |   |   |-Inline Named Pin

Nun können noch sog. Named Pins definiert werden. Damit ist es möglich, Ein- und Ausgänge mit einem selbstsprechenden Namen wie z.B. Steckdose_1 verwendet werden, anstatt PC4 (Port C / Pin4).

|- I/O
|   |-Edit named Pin configuration

Dadurch öffnet sich der Texteditor Nano, mit dessen Hilfe das Named Pins File editiert werden kann. Standardmäßig sieht diese folgendermaßen aus:

# PIN | IN/OUT | When active? | Name
#-----+--------+--------------+----------------
PA0     OUTPUT   HIGH           p1
PA1     OUTPUT   HIGH           p2
PA2     OUTPUT   HIGH           p3
PA3     OUTPUT   HIGH           p4

Für das Beispiel sieht dies z.B. folgendermaßen aus:

# PIN | IN/OUT | When active? | Name
#-----+--------+--------------+----------------
PC4     OUTPUT	  HIGH           Steckdose_1
PC5     OUTPUT	  HIGH           Steckdose_2
PC6     OUTPUT	  HIGH           Steckdose_3
PC7     OUTPUT	  HIGH           Steckdose_4
PC2     OUTPUT	  HIGH           Reed_1
PC3     OUTPUT	  HIGH           Reed_2
PB0     INPUT     LOW            Taster_1
PD7     INPUT     LOW            Taster_2
PD6     INPUT     LOW            Taster_3
PD4     INPUT     LOW            Taster_4
Bulbgraph.png Hinweis:
Mit Hilfe des Parameters Wen active? können LOW- und HIGH- aktive Ein- und Ausgänge definiert werden.

Zum Speichern des Named Pin Files: STRG-O und mit ENTER bestätigen Zum Beenden des Editors: STRG-X

Nach dem Aktivieren aller gewünschter Optionen, das Konfigprogramm mit Exit verlassen und die Änderungen abspeichern.

Zum Schluss muss ethersex noch mitgeteilt werden, an welchen Pins die RFM12 Chip Select und Interrupt's angeschlossen sind:

gedit ~/Dokumente/ethersex/pinning/hardware/netio.m4

Den folgenden Bereich evtl. anpassen:

ifdef(`conf_RFM12', `dnl
/* port the rfm12 module CS is attached to */
pin(SPI_CS_RFM12, PD5, OUTPUT)
RFM12_USE_INT(1)
RFM12_ASK_SENSE_USE_INT(0)
')


Ethersex kompilieren

Evtl. vorhandene alte, während der Compilierung angelegt Files/Objectfiles werden entfernt:

make fullclean

Ethersex neu kompilieren:

make


Ethersex auf Net-IO übertragen

Nach dem erfolgreichen compilieren liegt im ethersex-Verzeichnis das HEX-File ethersex.hex dieses wie unter Programmer beschrieben auf den AVR-Controller des AVR Net-IO übertragen.

avrdude -c <PROGRAMMER> -P <PORT> -p atmega644  -U ethersex.hex
Bulbgraph.png Hinweis:
Die beiden Parameter <PROGRAMMER> und <PORT> wie unter Programmer beschrieben einsetzen.


Funktionstest

Webinterface

Webbrowser öffnen und http://IP_NETIO eingeben. Die ethersex Weboerfläche sollte erscheinen.

ECMD Interface

Ethersex bietet neben der Weboberfläche auch eine sehr leistungsfähige Kommandozeile. Diese ist via Telnet Protokoll auf Port 2701 erreichbar.

  • Linux:
telnet IP_NETIO' 2701
Protocol: Telnet
Port: 2701
Im Bereich Terminal die Option Implicit CR in every LF aktivieren. Ethersex quittiert jede neue Zeile nur mit Linefeed (LF).
           Damit jede neue Zeile am Zeilenanfang beginnt, muss diese Option in Putty aktiviert werden.

Mit Hilfe des Buttons Open die Verbindung zum Net-IO herstellen Eine Auflistung aller Befehle erscheint mit Hilfe des Befehls

help

Ausgang einschalten:

pin set Steckdose_1 on

Ausgang ausschalten

pin set Steckdose_2 off

Eine komplette Befehlsübersicht siehe: http://ethersex.de/index.php/Ecmd_Reference


Control6 Script auf dem Net-IO

Mit Hilfe der Weboberfläche bzw. per ECMD-Befehlen können die Ausgänge bereits geschalten werden. Die 4 Taster sind allerdings noch funktionslos. Um durch Tastendruck die zugehörige Steckdose zu aktivieren, muss noch die Logik dafür eingebaut werden. Dies geschieht durch ein relativ simples Control6 Script.

gedit ~/ethersex/control6/control6.src
Bulbgraph.png Hinweis:
  • Standardmäßig wird bereits ein auskommentiertes Beispielscript mitgeliefert, das Teile einer Heizungssteuerung enthält.
  • Zeilen, die mit dnl beginnen sind Kommentare

Folgende Zeilen im Bereich zwischen CONTROL_START und CONTROL_END einfügen:

  CLOCK_USED;

  THREAD(Taster_1)
     ON PIN_FALLING(Taster_1) DO
        PIN_TOGGLE(Steckdose_1);
        WAIT(1);
     END   
  THREAD_END(Taster_1)

  THREAD(Taster_2)
     ON PIN_FALLING(Taster_2) DO
        PIN_TOGGLE(Steckdose_2);
        WAIT(1);
     END   
  THREAD_END(Taster_2)

  THREAD(Taster_3)
     ON PIN_FALLING(Taster_3) DO
        PIN_TOGGLE(Steckdose_3);
        WAIT(1);
     END   
  THREAD_END(Taster_3)

  THREAD(Taster_4)
     ON PIN_FALLING(Taster_4) DO
        PIN_TOGGLE(Steckdose_4);
        WAIT(1);
     END   
  THREAD_END(Taster_4)
  
  ON STARTUP DO
     THREAD_START(Taster_1);
     THREAD_START(Taster_2);
     THREAD_START(Taster_3);
     THREAD_START(Taster_4);
  END

Das Script speichern und den Editor beenden.

Ethersex neu compilieren und zum Net-IO übertragen.


Einbindung in Linux-Scripte

Mit Hilfe des ECMD-Interfaces ist es möglich, automatisch Steueraufgaben von einem im Nezwerk laufenden Linux-PC oder -Server uauszuführen. Dazu kommt das Tool netcat zum Einsatz. Mittels folgendem Befehl kann ein Steuerkommando an Ethersex übermittelt werden, ohne eine Telnetverbindung aufbauen zu müssen:

echo "ECMD-Befehl" | netcat -q 1 IP_NETIO 2701

z.B. Reed-Relais 2 einschalten:

echo "pin set Reed_2 on"|netcat 192.168.0.90 2701 -q 1

Dieser Befehl kann bequem in Linux-Scripten eingebunden werden, die z.B. via CRON-Daemon zu bestimmten Zeiten gestartet werden.


IN ARBEIT


Optimierung Windows Zugriff

Beim Zugriff auf das Webinterface mittels Windows fällt ein deutlich langsamers Ansprechverhalten als unter Linux auf. Dies liegt daran, dass Ethersex TCP/IP Pakete versendet, die weniger Nutzdaten enthält, als in ein Paket passen würde. Windows wartet in so einem Fall 200ms bis es mit einem ACK antwortet. Ethersex wiederum wartet auf ein positives ACK, bis es das nächste Paket sendet. Dies führt zu den deutlichen Verzögerungen gegenüber Linux, das ankommende Pakete sofort mit einem ACK beantwortet. Man kann aber auch Windows das selbe Verhalten wie Linux beibringen. Dazu sind zwei Registrierungseinträger erforderlich:

  • Regedit öffnen
  • Schlüssel HKEY_LOCAL_MACHINE\SYSTEM\CurrentControlSet\Services\Tcpip\Parameters\Interfaces\<GUID> auswählen. <GUID> GUID ist dabei die GUID der Netzwerkkarte (erkennt man am einfachsten an der IP).
  • TcpAckFrequency (Typ DWORD) = 1 setzen
  • TcpDelAckTicks (Typ DWORD) = 0 setzen
Bulbgraph.png Hinweis:
Die beiden Schlüssel vom Typ DWORD evtl. neu anlegen, falls diese noch nicht existieren sollten